Netzstrümpfe wurden um 1890 in Frankreich erfunden und der CanCan in Paris machte sie weltberühmt. Es waren kurze schwarze Strümpfe, oft mit roter Schleife am Saum am Oberschenkel (Strumpfband), die unter den weißen Unterröcken der Tänzerinnen für Furore sorgten.
Die Story
Vorläufer waren die Petinetstrümpfe, Strümpfe mit Durchbruchmuster, die zunächst auf handbetriebenen Flachstrickmaschinen und dann, seit etwa 1880 auf Cottonmaschinen halbautomatisch hergestellt wurden.
Netzstrümpfe, auch Ajour-Strümpfe genannt, waren ursprünglich Webwaren bzw. Maschenwaren aus Baumwolle. Von grober Loch- bzw. Fischnetzmusterung bis zu sehr feiner Häkel-Optik, wurden diese durch spezielle Dreherbindungen und die Verschiebung einer Masche auf die nächste Nadel hergestellt.
Nicht nur die Tänzerinnen in Paris trugen die Netzstrümpfe, auch die Mädchen aus der frivolen Ecke. Diese Strümpfe liessen die Beine im Scheinwerferlicht perfekt aussehen und seidig glänzen. Stolz und unterdrückte Furcht spielten eine Rolle, als die Geschichtsbücher vermerkten, dass 1908 das erste Paar Netzstrümpfe aus Paris in den USA ankam.
Lange Zeit schickte es sich nicht, Netzstrümpfe in der Öffentlichkeit herzuzeigen – es sei denn im Karneval, wenn die bürgerlichen Konventionen außer Kraft gesetzt sind.
Die Verbreitung
In Kabarett-Shows und Tingeltangel-Revuen blieben Netzstrümpfe – neben Glitzerschmuck, Federboas, langen Handschuhen, High-Heels, Goldhöschen, Strapsen und Roben, ein unersetzliches Utensil. Marlene Dietrich trug als eine der ersten bekannten Darstellerinnen auf der Bühne Netzstrümpfe. Von Marilyn Monroe gibt es gibt Probeaufnahmen von 1953, wo sie in einer Art Ganzkörpernetzstrumpf (Bodystocking) posierte, aber das Kostüm wurde verworfen, da es als zu gewagt galt. Ein Jahr später, in einem Western liegt sie dann doch in einem Korsett auf einem Saloonklavier und streckt dem Betrachter Beine in Netzstrümpfen entgegen.
In The Rocky Horror Picture Show trägt Frank N. Furter, eine Ikone der Transvestiten- und Schwulenbewegung, selbstbewusst Netzstrümpfe mit Strumpfhaltern. In Viscontis Die Verdammten parodiert Helmut Berger auf freundliche Art Marlene Dietrich als ‚Lola‘ und singt das Lied ‚Einen Mann, einen richtigen Mann‘.
In den 1960er Jahren trug in Europa das Model Twiggy schenkelhohe Netzstrümpfe – ebenso wie in den USA die andere stilbildende Vorzeigefigur Barbie.
Der Durchbruch
In den 1970ern wurde die etablierte Bedeutung von Netzstrümpfen neu definiert. Aus Vivienne Westwoods Londoner Boutique „Sex“ gelangte Fetisch-Mode zur neuen Subkultur des Punk. Die Mädchen zerrissen sich ab 1976 die Netzstrümpfe und hielten sie mit Sicherheitsnadeln und Gummibändern zusammen. Das wirkte auf brave Bürger mehr als verrucht: Sie reagierten schockiert – wie früher. Auch in der Gothic-Szene werden schwarze Netzstrümpfe (teils zerrissen) bis heute als modisches Element bevorzugt. Dort hinein gelangten sie über die Punk- und Wave-Mode der späten 1970er und 1980er Jahre.
In den 1990er beförderte Madonna die Netzstrümpfe wieder an die glamouröse Oberfläche des Pop. Die Sängerin definierte Büstenhalter, Korsagen und Dessous als Damenoberbekleidung. In ihrem Auftreten geht es wieder um Körperlichkeit und offensiven Sex.
Den bisher letzten Schub erhielt die Netzstrumpf-Industrie durch Nicole Kidman 2001. Ihr Film Moulin Rouge brachte Dessous, Absinth und Strümpfe erneut in Mode.
Netzstrümpfe werden gern in der Sexindustrie sowie im weit gefassten Kontext der Erotik verwendet. Sie werden auch oft in Verbindung mit kurzen Röcken und hohen Schuhen getragen oder als modisches Element unter zerrissenen Hosen. Sie sind auch funktional, weil extrem luftdurchlässig und klimaregulierend, was der Schweißbildung vorbeugt und für ein angenehmes Tragegefühl sorgt.